Was bedeutet es, wirklich queer zu sein?

Was bedeutet es, wirklich queer zu sein?

Eigentlich sollte es klar sein, dass es keinen richtigen oder falschen Weg gibt, queer zu sein. Da wir alle unterschiedlich sind, gibt es keinen objektiven Maßstab für Queerness. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich für junge Gays (eigentlich für alle Queers), dass sie das Gefühl haben, sich an einem nicht existierenden Standard messen zu müssen. Wenn Leute sich fragen, ob sie "queer genug" sind, meinen sie in der Regel 1. sichtbar queer zu sein, 2. in Beziehungen zu leben, die als queer anerkannt werden, 3. von der LGBTQIA+ Gemeinschaft akzeptiert zu werden.

Wir alle haben Vorurteile darüber, was es bedeutet, queer zu sein. Wir haben Klischees und Codes für das Queersein entwickelt, die oft auf der Darstellung in den Medien oder dem direkten Kontakt mit anderen beruhen. Wir wollen dazugehören, vor allem, weil viele von uns das Gefühl haben, nicht in die dominierende Kultur zu passen. Aber es kann schwierig sein, sich selbstbewusst zu fühlen oder seine sexuelle und geschlechtliche Identität überhaupt zu erkennen, wenn der Rest der Welt einen nicht wahrnimmt. Wenn Du das Gefühl hast, dass Du nicht die "richtige" Art von Erfahrungen, Ausdrucksformen oder Beziehungen hast, fragst Du Dich vielleicht, ob Dein Queerness überhaupt echt ist. In der Vergangenheit habe ich anderen einfach gesagt: "Du bist queer genug", aber ich merke, dass das nur wenig gegen das Hochstaplersyndrom, das Gatekeeping und die Verdrängung hilft, unter denen viele von uns regelmäßig leiden. Es gibt sicherlich Leute, wie meine Freundin, die sich in ihrem Queersein nicht erschüttert fühlen. Der Gedanke, dass die Leute annehmen könnten, sie sei heterosexuell, erscheint ihr absurd. Andere, wie ich, erleben soziale und innere Widerstände, wenn es um unsere Identität geht. Die soziale Abweichung kann dazu beitragen, uns zu verunsichern. Schlussendlich hat jeder das Recht, sich anerkannt, gesehen und geliebt zu fühlen.

Wie Du Dein queeres Selbstvertrauen stärken kannst:

  1. Akzeptiere das Spektrum - Zumindest kannst du die Vorstellung von "genug" loslassen. Sexualität, wie auch Geschlecht, existiert in einem Kontinuum. Jeder Mensch hat unterschiedliche Anziehungsmuster und Erfahrungen mit der Geschlechtsidentität. Nur gleichgeschlechtliche Zuneigung zu haben, macht Dich nicht homosexueller als gleichgeschlechtliche Zuneigung zu haben. Genauso wenig wie das Erleben von Geschlechtsdysphorie/-euphorie, kinky zu sein, auf eine bestimmte Art und Weise auszusehen oder irgendetwas anderes. Queerness ist kein Wettbewerb. Du musst nicht gewinnen oder Dich beweisen oder bestimmte Kriterien erfüllen.

  2. Sei Dich selbst - ich weiß, ich weiß, das sagt jeder. Aber leider kann niemand dafür sorgen, dass Du Dich selbstbewusst fühlst, wenn es um Dein Queer-Sein geht. Ich erinnere mich, dass ich mit Anfang 20, als ich zum ersten Mal versuchte, mich zu outen, unglaublich besorgt darüber war, was andere von mir dachten. Je mehr man darauf fixiert ist, sein Queersein für andere zu inszenieren, desto schwieriger ist es herauszufinden, wer man ist, was einem gut tut und wie man sich ausdrücken möchte. Du BIST queer genug.

  3. Probiere Dinge aus - ich liebe es, queere Makeovers mit anzusehen, nicht weil sie notwendig sind, sondern weil es wichtig ist, neue Dinge auszuprobieren. Wenn Du merkst, dass Dein vorausgesetztes Hetero-Dasein Deine psychische Gesundheit belastet, und Du die Möglichkeit hast, Dich sichtbarer zu zeigen, dann versuche es mit Signalen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass je mehr ich mir erlaube, zu experimentieren, vor allem mit meinem Geschlechtsausdruck, desto mehr finde ich, was für mich funktioniert. Und denk daran, dass Du anderen nicht immer ein Zeichen geben musst. Kleine, persönlich bedeutsame Veränderungen sind genauso wichtig wie eine komplette Überarbeitung der Garderobe.

  4. Erlaube Dir die Möglichkeit, Dich zu verändern - Wenn Du in der Anfangsphase Deines Coming-outs steckst, kann der Druck groß sein, die perfekte Bezeichnung, den perfekten Namen, die perfekten Fürwörter, die perfekte Beziehungsstruktur und den perfekten Ausdruck zu finden. Es ist jedoch hilfreich, sich bewusst zu machen, dass man sich ständig weiterentwickelt. Du wirst höchstwahrscheinlich nicht alles hinbekommen. Es kann sein, dass Du Dich zuerst als eine Art von Mensch outest und es dann wieder ändern musst. Wenn Du Deine sexuelle Orientierung verstehst, heißt das nicht unbedingt, dass Du auch Deine Geschlechtsidentität verstehst und umgekehrt. Es ist außerdem wichtig zu wissen, dass bestimmte Erkenntnisse und Coming-outs leichter sind als andere. Lass Dir Zeit, es ist in Ordnung, im Wandel zu sein. Queer zu sein bedeutet nicht, dass Du zu 100% sicher über alles bist. Du BIST queer genug, auch wenn du noch Dinge in Frage stellst. Und es ist auch in Ordnung, wenn Du Dein Verständnis in der Zukunft änderst.

  5. Lass es Dir gut gehen - Schließlich bist Du nicht der Botschafter der vereinigten queeren Nationen. So etwas gibt es nicht. Du brauchst nicht perfekt zu sein. Es ist in Ordnung, wenn man manchmal an sich selbst zweifelt, ein geringes Selbstbewusstsein hat, verwirrt ist, wütend ist und vieles mehr. Du bist ein komplexer Mensch. Und obwohl das Queer-Sein einen großen Teil deines Lebens ausmacht, ist es nicht Deine ganze Identität. Wenn Du nach der Lektüre dieses Artikels immer noch das Gefühl nicht loswirst, dass Du irgendwie nicht genug bist, fordere ich Dich auf, darüber nachzudenken, über welche anderen Aspekte Deiner Identität Du Dir sicher BIST. Es geht letztendlich nur darum, dass Du Dein authentisches Leben lebst. Wenn Du Dir Sorgen machst, dass Du nicht queer genug bist, muss das nicht Dein Hauptanliegen sein!

 

Über die Autorin

Sam (sie/ihr) ist eine stolze queere Vulva-Besitzerin (eine Muschelmutter, wenn man so will). Sie ist polyamourös; sie liebt viele Menschen und erlaubt jeder Beziehung, sich in gegenseitig unterstützenden Strukturen zu entwickeln. Sam hat einen Master in Arts von der New York Universität in Sozialpsychologie mit dem Schwerpunkt Konsumverhalten. Sam ist Sexualpädagog*in, Autor*in, Forscher*in, begeisterte Leser*in, Designer*in (mit einem Bachelor in Fine Arts in Verpackungsdesign vom Fashion Institute of Technology) und Künstler*in, die Inhalte für soziale Medien erstellt.

Sam gründete Shrimp Teeth im Jahr 2018, um über unsere Art der Kommunikation, der Annäherung, des Gesprächs und des Denkens über sexxx zu sprechen. Besuche ihr Patreon auf http://Patreon.com/shrimpteeth, ihre Website www.shrimpteeth.com, oder schreibe ihr eine E-Mail an [email protected], wenn Du Fragen hast und/oder an einer Zusammenarbeit interessiert bist!